Ingenieure und Designer für Class-A-Surfacing

Keiper IMA
Bildquelle: Johnson Controls

Perspektivwechsel inklusive

Dassault Systèmes Software unterstützt den Austausch zwischen Designern und Ingenieuren

von Alexander Back und Markus Fimpel

 

"Zwei Disziplinen, zwei Sichtweisen. Ingenieure und Designer tun sich meist schwer, einander zu verstehen", findet Mathias Gischke, Leiter Styling & Surfacing beim Autozulieferer Johnson Controls in Kaiserslautern (früher Keiper GmbH & Co. KG), einem Unternehmen, das Metall- und Leichtbaukomponenten für Fahrzeugsitze sowie komplette Sitze entwickelt und produziert.

Gerade in sogenannten Strak-Meetings prallen nicht selten unterschiedliche Vorstellungen von Ingenieuren und Designern aufeinander. Hier treffen Class-A-Modelleure auf Sitz-, Elektronik- und Strukturspezialisten der Automobilisten. Es geht darum, die technischen und formalen Anforderungen an ein Produkt unter einen Hut zu bringen.

Vom Ingenieur zum Class-A-Surfacing

Mathias Gischke, der mit seinen Mitarbeitern für die Strak-Abteilungen vieler Automobilisten arbeitet, weiß genau, wovon er spricht. Als Class-A-Modelleur entwickelt er mit seinen Kollegen am Computer Freiformflächen für alle sichtbaren Bauteile der Sitze. Von der Ausbildung her sind neben Mathias Gischke auch seine Kollegen allesamt gestandene Sitzingenieure. Im Unterschied zu vielen anderen Vertretern ihrer Disziplin, interessieren sie sich jedoch stark für Designfragen. Aufgrund dieser Affinität entwickelten sie sich bei Johnson Controls zu Surfacing-Spezialisten und erzeugen jetzt als Class-A-Modelleure Designdaten.

3D als gemeinsame Sprache

In der Zusammenarbeit zwischen Designern und Ingenieuren hat sich in den vergangenen Jahren in Unternehmen wie Johnson Controls bereits viel getan. Dazu trägt zum einen die Ausbildung bei, die immer öfter einen Brückenschlag zwischen den Disziplinen herstellt. Zum anderen helfen auch Softwareapplikationen, die kommunikativen Schranken zwischen den Disziplinen zu überwinden.

Besonders geeignet sind dafür dreidimensionale Lösungen. Mit dem universellen Medium 3D sprechen Designer und Ingenieure eine gemeinsame Sprache und können sich anhand eines virtuellen Prototyps über ein Produkt austauschen. Für Mathias Gischke hat sich die Verständigung zwischen Designern und Ingenieuren deutlich vereinfacht, seit sie bei Johnson Controls CATIA ICEM, ICEM Surf und Imagine & Shape von Dassault Systèmes einsetzen. Denn alle diese CAD-Lösungen sind im Gegensatz zur klassischen CATIA-Funktionalität auch für den Einsatz von Stylisten konzipiert.

Mit Hilfe dieser CAD-Programme können die Surfacing-Modelleure sehr schnell und effektiv Daten in hoher technischer, sowie auch ästhetischer Qualität erzeugen und diese in Muster umsetzen und beurteilen. Die CAD-Funktionalitäten kommen dabei jeweils so zum Einsatz, dass eine möglichst große Effizienz erzielt wird: Hochwertige Oberflächen von Kunststoffteilen in Produktionsqualität erstellen die Class-A-Modelleure bei Johnson Controls meist mit ICEM Surf.

Wenn es auf schnelle parametrische Änderungen ankommt, ist CATIA ICEM das Mittel der Wahl. Imagine & Shape setzt das Unternehmen in der Regel für die rasche Erstellung von 3D-Konzeptentwürfen ein - aber das ist nicht der einzige Grund für die Verwendung dieses Tools.

Eine Technologie aus der Filmindustrie

Imagine & Shape (IMA) trägt auch zur Verständigung zwischen Designern und Konstrukteuren bei. Die Lösung basiert auf der noch recht jungen Subdivision-Surface-Technologie, welche vor allem im Filmbereich zur Gestaltung von Animationen eingesetzt wird. Damit lassen sich Freiform-Oberflächen aus einem einzigen Element heraus modellieren – für Dinosaurier und Avatare in Filmen, aber neuerdings auch für Automobil-Karosserien oder Autositze.

Bei der Übertragung der in der Filmindustrie gängigsten Subdivision-Surface-Lösungen auf die Entwicklung von Autos und Konsumgütern gab es bisher jedoch einen Nachteil: Die in dieser Software erstellten Entwürfe mussten die Anwender anschließend in sogenannte NURBS-Elemente konvertieren und mittels einer Schnittstelle zum CAD-System übertragen. Gerade bei ästhetischen Formen gehören jedoch Änderungen während der Produktentwicklungsphase zum Tagesgeschäft, was die Arbeit umständlich macht. Anders bei IMA: Der Designer arbeitet damit zunächst im Subdivision-Modus und "knetet" aus einem Basiskörper, wie zum Beispiel einer Kugel, ein komplexes Bauteil. Jedes Mal, wenn er dabei die Maustaste loslässt, errechnet Imagine&Shape automatisch ein NURBS-CAD-Flächenmodell, die CAD-Integration ist also permanent gegeben.

Intuitiv modellieren 

IMA findet große Akzeptanz bei Designern. Denn die Handhabung der Software ist vergleichsweise einfach und intuitiv, also schnell erlernbar.

Damit können Anwender sehr viel rascher als mit herkömmlicher CAD-Technologie komplexe Freiformflächengebilde, im Fall Johnson Controls zum Beispiel Sitzpolster, modellieren. "Mit IMA entstehen häufig besonders ästhetische organische Formen für Sitze, weil die Flächen in diesem Programm automatisch krümmungsstetig sind", zeigt sich Mathias Gischke zufrieden. Die Class-A-Modelleure bei Johnson Controls haben außerdem herausgefunden, dass die mit IMA modellierten Flächen für Bauteile wie Sitzkissen und -Lehnen aus Schaumstoff sogar Produktionsqualität haben, weil die Qualitätsanforderungen hier etwas geringer sind als bei Kunststoffteilen. Bei der Modellierung von Schaumstoffteilen entfällt daher immer häufiger die Feinschliffarbeit, also das Straken mit anderen Tools, welches sich zum Beispiel bei Elementen aus Kunststoff an die Modellierung mit dem Subdivision-Surface-Tool anschließt. Nicht zuletzt die in CATIA integrierte Anwendung IMA schlägt bei Johnson Controls die CAD-Brücke vom Design zur Konstruktion, weil ihre Funktionalität den Anforderungen der kreativen Zunft sehr viel näher kommt als bei klassischen CAD-Systemen.

Kollaboration von morgen

Für die Zukunft erhofft sich der Class-A-Modelleur trotzdem, dass sowohl Ingenieure als auch Designer noch offener aufeinander zugehen - und sich auch mal mit den Tools des anderen beschäftigen - damit die Zusammenarbeit noch mehr auf gegenseitigem Verständnis baut. Mit der V6-Architektur bietet Dassault Systèmes dafür gute Voraussetzungen. Auf einer durchgängigen Plattform tauschen Konstrukteure und Designer hier Daten in einheitlichen Formaten untereinander aus. Sie können parallel an ein und demselben CAD-Modell arbeiten - um letztlich gemeinsam ein neues Produkt zu schaffen, das die unterschiedlichen Vorstellungen auf einen Nenner bringt.